Die ursprüngliche Idee → "Teilüberflutung Gropiusstadt" wird wegen der zu erwartenden ablehnenden Reaktionen aufgrund der Tsunami-Katastrophe in Asien nicht realisiert.
 Matthias Schamp (geb. 1964) lebt in Bochum |
Botanischer Lehrpfad Karl-Marx-Straße Die Karl-Marx-Straße mit ihrem multikulturellen Flair ist eine der drei Hauptverkehrsadern des Berliner Stadtteils Neukölln. Man sollte meinen, in einem so betont urbanen Umfeld mit der funktionalen Verdichtung des modernen Großstadtbetriebs sei Natur bloße Randerscheinung. Gerade deshalb lohnt es sich, einmal genauer hinzuschauen. Wenn man den Blick auf?s Detail richtet, verblüfft es geradezu, mit welcher Fülle man sich plötzlich konfrontiert sieht. Nicht nur Straßenbäume und Grünstreifen bieten sich zur Erkundung an. In Ritzen und Spalten schaffen sich Unkräuter Raum. Auf Mauersteinen wachsen Flechten. Topfpflanzen harren auf Fenstersimsen. Und exotische Obst- und Gemüsesorten formieren sich zu prachtvollen Auslagen vor Lebensmittelgeschäften. Der botanische Lehrpfad Karl-Marx-Straße hat eine changierende Bedeutung infolge seiner botanischen, sozialen und künstlerischen Dimensionen. Grundlage für den botanischen Lehrpfad Karl-Marx-Straße ist ein "erweiterter Botanikbegriff". Darunter fällt das stete Abklopfen der genannten Phänomene auf soziale Implikationen wie auch der Einbezug von Plastikblumen, Tarnanzügen, geschmiedeten Pflanzenornamenten an Fenstergittern, floralem Stoffdruck oder dem heraushängenden Salatblatt auf einem Burgerplakat. Als Ausgangspunkt, von dem aus der botanische Lehrpfad Karl-Marx-Straße erschlossen wird, dient für die Dauer von circa vier Wochen ein Ladenlokal. Es reiht sich ein in die Riege der sonderbaren Läden. Man starrt durch die Scheibe, wie in die bunte Zauberwelt eines Aquariums oder einer Schneekugel, und ein Gefühl der Fremdheit springt einen an. Zumindest sollte (anders als bei Läden gemeinhin üblich) trotz professioneller Schaufensterbeklebung und dekorativ in Töpfe gepflanzter Unkräuter der Zweck nicht allzu augenfällig werden. Diese Räumlichkeit ist Informationsbüro, Basislager, Labor, Treffpunkt, Werkstatt und Laden in einem. Hier werden die Ergebnisse der Recherche zusammengetragen und öffentlich gemacht, z.B. Fotos, Interviews oder Kräuterproben, die zum Trocknen aufgehängt werden. Von hier aus werden Exkursionen gestartet und Eingriffe in den öffentlichen Raum vorbereitet. Anhand von Infozetteln, die man hier erhält, kann man sich auf eigene Faust an die Begehung des Lehrpfades machen. Hier werden Versuchsreihen durchgeführt und die "Sei deine eigene Karl-Marx-Straße" - Salbe angemischt. Die erarbeiteten Ergebnisse werden im Anschluss in einer Broschüre zusammengetragen, die über den eigentlichen Realisationszeitraum hinaus als Wegweiser dient. Denn der botanische Lehrpfad Karl-Marx-Straße führt nicht allein durch den urbanen Dschungel Neuköllns, sondern ist vor allem auch Gedankenpfad. Man betritt ihn mit dem Bewusstsein. |